Gondeln für Kaltern, Tretboote für Venedig?
Die Entwicklung einer Gesellschaft und ihr Wohlstand hängen nicht
unwesentlich von einer gesunden Wirtschaft ab. Darum sind in jedem sozialen Gefüge
Wirtschaftsinitiativen grundsätzlich willkommen: Sie schaffen Arbeitsplätze und
beeinflussen den Markt positiv. Eigentlich gibt es für das Unternehmertum nur
die Grenze der allgemeinen Moralvorstellungen und unseres Erachtens des guten
Geschmacks. Und genau über diesen, kann man im Bezug auf die venezianische
Gondel auf dem Kalterer See, streiten. Besonders heutzutage, wo Nischenprodukte
und regionale Kreisläufe auch von den Wirtschaftstreibenden groß hervorgehoben
werden und die Globalisierung als Feind jedes wirtschaftlichen Wachstums für
kleine und mittlere Betriebe angeprangert wird, sollten unternehmerische
Privatinitiativen diese Grundsätze berücksichtigen.
Unser See hat ganz andere Probleme, die in ihrer Vielfalt immer noch nicht
einer Lösung zugeführt werden konnten. Im Gegenzug zu den allseits bekannten
Problemen der Versandung, der zeitweiligen Verschmutzung, der Haftungsfrage bei
Unfällen im Wasser und am Strand, dem Nichtgewähren des freien, unentgeltlichen
Zugangs zum See rund um die Uhr, der Reduzierung des Badebereiches (im wärmsten
Alpen-Badesse Europas) sollen wir jetzt als Attraktion eine originale
venezianische Gondel buchen können. Offensichtlich will man uns verschaukeln.
Bislang waren die Weltmeister im Kopieren in China und Japan zu suchen,
jetzt hat sich ein hiesiger privater
Unternehmer dazu gesellt. Lassen wir doch die Gondeln in Venedig und machen wir
aus unserem wärmsten Alpensee ein uneingeschränktes Badevergnügen mit einem der
Seegröße angepassten Wassersportangebot in dieser einzigartigen Reben- und
Obstlandschaft (dort wo keine Hagelnetze angebracht sind).
Irene Hell – Harald Weis – Heidi Egger